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  Resolutionsentwurf "Rüsselsheim -
City for Peace"
Redebeitrag von Bernd Heyl - Liste Solidarität


Meine sehr geehrten Damen und Herren,

es vergeht kein Tag, ja keine Stunde in der uns nicht neue furchtbare Nachrichten aus dem Irak erreichen. Zerstörte Wohnhäuser, verletzte Zivilisten und zerfetzte Kinder prägen auch das Bild dieses Krieges.

Anders als die Kriegspropagandisten der Bush-Administration ihrem Volk und der Welt einreden wollten, ist ihr völkerrechtswidriger Angriffskrieg keineswegs eine chirurgisch saubere Operation. Bereits wenige Tage nach seinem Beginn wird deutlich, dass das irakische Volk einen hohen Preis für diesen Krieg zahlen muss und keinesfalls darauf gewartet hat, von der US-Armee befreit zu werden. Die ohnedies nur vorgeschobene humanitäre Rechtfertigung für diesen Krieg hat schon jetzt ihre Glaubwürdigkeit vollends eingebüßt und die internationalen Folgewirkungen zeichnen sich immer deutlicher ab. Der weltweite Kampf um Rohstoffe wird immer schärfer, Konflikte mit islamischen Staaten werden provoziert und ihre Destabilisierung schreitet voran. Terror kann auf diesem Weg nicht bekämpft werden, im Gegenteil, er wird geradezu herausgefordert.

Der Aberwitz des Krieges wird auch deutlich, wenn man die Ausgaben für den Krieg - geschätzt sind zunächst mindestens 80 Milliarden Euro - mit dem vergleicht, was die Industrienationen für Entwicklungshilfe ausgeben. Während die Menschen im Krieg sterben oder in der Not verhungern, verdienen die Rüstungskonzerne des militärisch-industriellen Komplexes Millionen und Milliarden.

Meine Damen und Herren, während täglich 100.000 Kinder auf dieser Welt verhungern, kostet ein Tarnkappenbomber ca. eine Milliarde US Dollar. Dieses Geschäft soll an Stelle der sozialen Wohlfahrt der Völker entwickelt werden und es verspricht zunehmenden Gewinn, wenn erst die militärische Lösung von Konflikten wieder zur alltäglichen Form globaler Krisenbewältigung geworden ist. Das ist die Perspektive, die die Bush-Administration vor Augen hat und nicht die ebenso gebetsmühlenartig wie heuchlerisch als Legitimation vorgetragene Absicht, den Irak zu befreien und zu demokratisieren.

Ich möchte mich nun mit einigen immer wieder von konservativer Seite gegen die Friedensbewegung vorgebrachten Argumenten auseinandersetzen. Wie bereits zu Zeiten des kalten Krieges so wird auch heute behauptet, dass militärische Hochrüstung und Intervention die einzige Sprache sei, die diktatorische Regimes verstünden. Diese Argumentation ist heute so wenig überzeugend wie in der Vergangenheit. Zunächst ist sie sachlich falsch. Die Diktaturen in Griechenland, Spanien, Portugal und Chile wurden ebenso durch weitgehend friedliche Volksbewegungen überwunden wie die Einparteiensysteme Osteuropas. Vor allem aber lässt diese Argumentation die fast allen Konflikten letztlich zugrunde liegenden Ursachen, nämlich konkurrierende wirtschaftliche Interessen, außer acht. Vor diesem Hintergrund ist der Krieg im Irak vor allem durch drei Aspekte gekennzeichnet:

1. Zunächst geht es um das wirtschaftliche Interesse der USA, sich den Zugriff auf die wesentlichen Erdölresserven der Welt zu sichern und - was zur Zeit vielleicht noch wichtiger ist - anderen, also China und Europa unter Einschluss Russlands den Zugriff auf diese Ressourcen zu erschweren, zu verteuern oder zu entziehen. Deutschland, Frankreich, Russland und China sind zur Zeit nicht in der Lage, ihre Interessen in diesem Streit militärisch zu vertreten und man kann getrost davon ausgehen, dass dies auch ein entscheidender Punkt für ihre gegenwärtige "Friedenspolitik" ist. Ich befürchte daher, dass wir mit dem Irak-Krieg den Beginn eines neuen imperialen Zeitalters erleben und vor einer Serie von Kriegen zur Sicherung von Ressourcen wie Öl und Wasser stehen könnten. Eine solche Entwicklung wäre übrigens nur die politisch logische Ergänzung zur wirtschaftlichen Standort- und Konkurrenzphilosophie des Neoliberalismus, die sich ja in ihrem Kern auch am wirtschaftlichen und sozialpolitischen Gedankengut des19. Jahrhunderts orientiert.

2. Weil aber gerade im Falle des Irak die ökonomischen Interessen so eindeutig im Vordergrund stehen, ist auch die moralisch humane Begründung für diesen Krieg so fragwürdig. Selbst unter den irakischen Oppositionellen findet sich kaum jemand, der das Vorgehen der USA begrüßt. Davon auszunehmen sind die irakischen Kurden, doch die politische und militärische Zuspitzung in dieser Region des Irak wird mit der meines Erachtens zu erwartenden Ausrufung eines unabhängigen kurdischen Staates beginnen. Bei aller mehr als berechtigten Kritik am irakischen Regime - dessen erster Akt der Unterdrückung vor vielen Jahren hatte übrigens die Kommunisten zum Ziel - muss man doch sehen, dass in dieser Region keinerlei Tradition vorhanden ist und auch keine politischen Kräfte sich abzeichnen, die eine irakische Demokratie tragen und mit Inhalt füllen könnten. Von daher verbietet sich auch ein Vergleich mit der militärischen Befreiung Deutschlands vom nationalsozialistischen Regime. Gäbe es im Irak heute eine Befreiungsbewegung, die am Ende auch international die Souveränität des Landes und die reale Verfügung über die Erdölressourcen sichern könnte, und die wirklich frei wäre, sich auch gegen Wirtschaftsinteressen der USA zu entscheiden, dann müsste über militärische Unterstützung möglicherweise anders nachgedacht werden. Doch dafür fehlen zur Zeit alle Voraussetzungen.

3. Das Herrschaftsmuster und Machtdenken, das dieser Krieg offenbart, lässt erschrecken. Die bis an die Zähne bewaffnete übriggebliebene Supermacht maßt sich an, gegen den erklärten Willen der Vereinten Nationen und damit gegen das Völkerrecht Konflikte autoritär nach Gutsherrenart zu entscheiden. Wenn diesem Muster nicht überall auf der Welt mit Nachdruck entgegengetreten wird, dann wird es bald alle Bereiche der Gesellschaften, nicht zuletzt die Jugend und auch die Schulen, verstärkt erfassen. Der amerikanische Dokumentarfilm von Roger Moore, "Bowling for Columbine", zeigt dies mehr als deutlich: Die Gewalt an den amerikanischen Schulen kann nur vor dem Hintergrund der Gewaltförmigkeit der Außenpolitik der Bush-Administration und ihrer Vorgänger verstanden werden. Die Welt der Kids ist das Spiegelbild der Welt der Erwachsenen. Nicht zuletzt und vor allem auch deshalb müssen wir zu der Politik der Bush-Administration ein deutlich artikuliertes und laut hörbares "Nein!" aussprechen. Denn: Spätestens an diesem Punkt wird deutlich, die Logik militärischer Konfliktlösung bedroht nicht nur die unmittelbar betroffenen Länder und Völker. Sie wirkt auch auf nichtbeteiligte Staaten, die tatenlos mit zusehen müssen, wie der Stärkere sich selbst gegen das Völkerrecht militärisch durchsetzt und sie schlägt auch auf die Nation zurück, von der der Krieg ausgeht. Nirgendwo wird zivile Konfliktlösung so klein geschrieben wie in den USA, kein anderes wohlhabendes Land kennt ein derart ausgeprägtes Wohlstandsgefälle und in keinem anderen entwickelten Industrieland werden so viele Menschen in den Knast gesperrt. Die militärische Doktrin folgt der unsozialen politischen Philosophie und es ist daher kein Zufall, dass heute vor dem Hintergrund neuer globalisierungskritischer Bewegungen auch in Windeseile eine große weltumspannende Friedensbewegung ihren Protest kund tut..

Die heute hier zur Abstimmung vorliegende Resolution wurde ursprünglich von der globalisierungskritischen Gruppe attac angeregt und der Brückenschlag von Rüsselsheim nach Detroit, das sich ebenfalls der Initiative Cities for Peace angeschlossen hat, ist genau die rechte Antwort zur rechten Zeit, meine Damen und Herren von der CDU. Sie unterstreicht unsere Solidarität mit der amerikanischen Friedensbewegung und macht deutlich: Den jetzigen Angriffskrieg führen die Bush-Administration und ihre Verbündeten nicht in unserem Namen. Not in our name!



 

   
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